Männerchor Neubrunn – traditionsbewusst

Dirigent Daniel Stamm, Präsident Roland Bosshard

Im Herbst des Jahres 1920 beschlossen einige sangeswillige Männer im Neubrunnertal in der Gemeinde Turbenthal, einen Männerchor zu gründen. An einer „Constituierenden Versammlung“, die eine Woche vor der eigentlichen Gründungsversammlung stattfand, wurde Emil Jansen aus Seelmatten zum ersten Präsidenten gewählt. Der damalige Lehrer Willi Egli war bereits vorher angefragt und zum Dirigenten gewählt worden. Aus den 20 Männern, die an der Gründungsversammlung anwesend waren, wurden bis zur Unterzeichnung der ersten Statuten bereits 27 Mitglieder. Lange Zeit fanden die Proben am Dienstagabend statt, heute ist es der Mittwoch, das Schulhaus Neubrunn als Probelokal blieb dem Verein aber bis heute erhalten.

Bereits im Frühling 1921 fand die erste Abendunterhaltung statt, damals noch im Restaurant „Teuscher“, aber schon mit der Mitwirkung einer Theatergruppe. An der ersten Generalversammlung musste der Präsident die Sänger ermahnen, die Proben auch im Sommer fleissig zu besuchen. Da ein grosser Teil der Mitglieder Bauern war und im Sommer viel zu tun hatte, war ein fleissiges Mitmachen vielen nicht möglich. Ein Umstand, der bis heute Beachtung findet, probt doch der Männerchor Neubrunn von Mitte Juni bis Anfang September nicht.

Schon 1922 wurde die erste Vereinsreise organisiert, die in zwei Tagen ins Melchtal und nach Engelberg führte. Heute unternimmt der Chor alle zwei Jahre eine zweitägige Reise mit der Theatergruppe und mit Partnerinnen und Partnern.

Der Gründungsdirigent Willi Egli leitete den Männerchor Neubrunn zehn Jahre lang, dann wurde er als Lehrer nach Zürich berufen. Sein Nachfolger Karl Stähli war ebenfalls Lehrer und das sollte sich zur Tradition entwickeln und bis in die heutige Zeit anhalten.

Ende Dezember 1932 brannte der gesamte Gebäudekomplex des Restaurants «Schweizerbund» in Neubrunn, in dessen Saal wenige Wochen vorher die Unterhaltung stattgefunden hatte, mitsamt der Vereinsfahne ab. Der Männerchor kam an einen Tiefpunkt, weil es auch an Sängern mangelte. Solche Wellenbewegungen ziehen sich durch die ganze Vereinsgeschichte bis in die Gegenwart. Mit persönlicher Werbung konnten zehn neue Mitglieder gewonnen werden und im November 1934 konnte auch wieder eine Unterhaltung durchgeführt werden und zwar im neu gebauten «Kronensaal». Die bis 2017 in diesem Saal stattfindenden Abendunterhaltungen erlangten wegen der besonderen Ambiance einen legendären Status.

In den Kriegsjahren 1940 und 1941 ruhte die Vereinstätigkeit, was dazu führte, dass erst 1997 ein Fest zum 75jährigen Bestehen gefeiert wurde, weil man sich auf die Anzahl der Generalversammlungen berief. Dieser Umstand wirkt sich jetzt auch auf die Planung des 100-Jahre Jubiläums aus, das Anfangs September 2022 mit einem grossen Fest in Neubrunn gefeiert wird. In seinen Statuten, die letztes Jahr grundsätzlich überarbeitet und an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung gutgeheissen wurden, hat sich der Männerchor Neubrunn der Pflege des Chorgesangs und der Kameradschaft verpflichtet. Das unterscheidet den 1920 gegründeten Verein sicher nicht von anderen Chören. Das ursprünglich eher kleine Einzugsgebiet mit den drei Turbenthaler Aussenwachten Seelmatten, Neubrunn und Oberhofen und die Tatsache, dass ein grosser Teil der Mitglieder einen landwirtschaftlichen Hintergrund hat, sind da schon spezieller. Zugegeben, das Einzugsgebiet der Sänger ist grösser geworden und der Anteil der Bauern kleiner, aber auf Tradition wird weiterhin viel Wert gelegt. Dazu gehört auch, dass der Chor von einer Lehrperson geleitet wird.

Das ist zwar nicht in den Statuten festgelegt, aber ein glücklicher Umstand. Nach Hanspeter Blattmann, der den Chor 15 Jahre leitete, war es Willy Weibel in einem Vierteljahrhundert gelungen, dem Chor zu einer ungeahnten Popularität zu verhelfen. Bei seinem Rücktritt 2017 wurde er zum Ehrendirigenten erkoren. Sein schweres Erbe hat Daniel Stamm angetreten, seines Zeichens Oberstufenlehrer in Turbenthal und Schulpräsident in Bichelsee.

Das Liederrepertoire soll unter seiner Leitung nicht gross verändert werden. Zu den «klassischen» Männerchorliedern und eher besinnlichen Kirchenliedern kommen allerdings Volkslieder und Schlager, zu denen Dani Stamm selbst den Chorsatz und zum Teil auch Texte schreibt.

Das älteste Vereinsmitglied, Willi Lüscher, ist bereits seit 64 Jahren im Männerchor und führte ihn während 20 Jahren als Präsident auch durch stürmische Zeiten. Sein Nachfolger war Ernst Stahel, der vielen von den Theateraufführungen bekannt sein dürfte. Über 40 Jahre wirkte er auf der Bühne, manches Mal als Hauptdarsteller. Er verstarb leider im November 2019 während der Probe für ein neues Stück. Seit 2012 führt der in Oberhofen wohnhafte Roland Bosshard den Männerchor Neubrunn als Präsident, er wird dabei von vier Vorstandskollegen unterstützt.

Tradition hat, wie bereits am Anfang gesehen, die enge Verbindung des Männerchors zur Theatergruppe Neubrunn, die jeweils die Unterhaltungen des Chors mit einem unterhaltsamen Theaterstück ergänzt. Ehrlicherweise muss hier allerdings gesagt werden, dass aktuell kein aktiver Sänger auch Theater spielt. 

Die Corona-Krise hat auch das Vereinsleben des Männerchors Neubrunn stark beeinträchtigt. Zwar konnten die beliebten Unterhaltungen, die entgegen der Tradition seit wenigen Jahren nicht mehr im legendären Kronensaal in Neubrunn stattfinden, sondern in der bestens ausgerüsteten Traberhalle in Bichelsee auf der thurgauischen Seite des gleichnamigen Badesees, noch erfolgreich durchgeführt werden. Im Tonstudio in Mosnang konnten dann noch zwei Lieder aufgenommen werden, die jetzt auch auf der Musikwelle gehört werden können. Danach war aber Zwangspause angesagt; die Proben wurden erst wieder in der zweiten Hälfte August aufgenommen. 

Eduard Büchi 

Männerchor Neubrunn beim KTF 2017

Männerchor Neubrunn bei der Unterhaltung 2018